Offener Brief an die Gemeinde von Mag. Peter Wolf

gastkomment
spacer
An die
Gemeinde Weiden/See
Raiffeisenplatz 5 A
7121 Weiden/See

Weiden, 01.10.2012

Betr. : Baum- und Grünflächenschutz in Weiden/See

Sehr geehrter Hr. Bürgermeister,
sehr geehrter Hr. Vize-Bürgermeister,
sehr geehrte Gemeinderätinnen u. Gemeinderäte,

ich wende mich mit diesem Schreiben kurz vor den anstehenden Wahlen an Sie um meiner Besorgnis über den Umgang mit den  Altbaumbeständen in Weiden/See Ausdruck zu verleihen. Es geht mir darum, aus der Sicht eines Neubürgers in Weiden Themen wie Baumschutz, zeitgemäße Baumpflege sowie Erhaltung u. Bewahrung von Altbäumen als langjährig gewachsener Teil der Kulturlandschaft des Ortes in die öffentliche Diskussion zu bringen. Ich möchte darauf hinweisen dass es viele Menschen in Weiden gibt denen der Schutz der Baumbestände aus vielen Gründen[1] wichtig ist und die – unabhängig von einer bestimmten Parteizugehörigkeit – weitere brachiale Rodungen von Altbäumen im Ortsbereich befürchten.

Die Art und Weise der radikalen Gesamt-Rodung der baumbestandenen Grüninsel direkt am Ortsrand, wie sie Anfang des Jahres bei der Pferdekoppel in Weiden erfolgt ist, war nach Ansicht vieler Einwohnerinnen u. Einwohner unangemessen. Ebenso war die pauschale Begründung durch ´Gefahr im Verzug´ beim gesamten Baumbestand angesichts der bis zuletzt gut sichtbaren überwiegenden Vitalität der Altbäume nicht ohne weiteres nachvollziehbar[2]. In Ortsrandlage u. am Eingangsbereich zur Bewahrungszone Zitzmannsdorfer Wiesen im Verbund des Nationalparks Neusiedler See mit seinen ca. 340 Vogelarten waren diese Bäume Teil einer leider trotz Unesco-Weltkulturerbe u. Natura 2000 nur ansatzweise geschützten Kultur- u. Naturlandschaft.

Baumschutz im Burgenland hat (noch) keine Tradition. Dies mag neben historischen Entwicklungen unter anderem daran liegen, dass sich erst in den letzten Jahren die Eingriffe in Reste altbaumbestandener Grünräume so massiv häufen und Baumschutz somit ein neues, weil aktuelles Thema wird. Andernorts zB. in Teilen Deutschlands existiert von alters her der Begriff des ´Baumfrevels´ als geltende Rechtsmaterie. Jahrzehntealte Bäume gehören zum Ortsbild wie selbstverständlich dazu und werden nicht von vornherein als störend und bedrohlich empfunden.

Bewahrende und professionelle Baumpflege und ein für die Einwohnerinnen und Einwohner transparenter Plan zum Schutz der umliegenden Grünflächen (gerade weil es – erfreulicherweise – viel Nachfrage nach Bauland in der Gemeinde gibt) ist aus meiner Sicht für die Sicherung der Lebensqualität  in einem ´lebens- und liebenswerten´ Weiden/See sowohl zeitgemäß als auch dem Status einer Nationalparkgemeinde unbedingt angemessen.

Folgende Vorschläge möchte ich daher an Sie, sehr geehrter Hr. Bürgermeister und Hr. Vize-Bürgermeister sowie sehr geehrte Damen und Herren des Gemeinderats mit dem vorliegenden Schreiben richten:

  • Bewahrung, Schutz und Pflege der vorhandenen Baumbestände im Gemeindegebiet (öffentliche Flächen), zB. durch Kartierung (Baumkataster) und Festlegung der Schutzwürdigkeit nach Kriterien wie Alter, Größe, Stammumfang, Seltenheit und ortsbildprägender Charakter
  • Sicherung, gezielte und vor allem transparente Neuentwicklung von Natur- und Kulturlandschaftselementen zB. ehemaliges Wäldchen / Feuchtgebiet an der Pferdekoppel
  • Erarbeitung eines transparenten u. verbindlichen Landschafts- u. Naturschutzkonzepts durch die Gemeinde unter Einbindung der Einwohnerinnen u. Einwohner der Nationalparkgemeinde Weiden/See

Ich ersuche Sie dringend, auch denjenigen Menschen im Ort (Groß und Klein) für die – völlig unabhängig von politischer Orientierung – der Schutz der Natur im und um den Ort ein Anliegen ist, Gehör zu schenken. Weiden/See hätte alle Möglichkeiten sich in der Region als ´Nationalparkgemeinde Nummer 1´ mit innovativen Schwerpunkten in Richtung sanfter u. vor allem ökologischer Tourismus zu positionieren.

Weiteres Wachstum des Ortes: warum nicht in Kombination mit einem kleinregionalen Entwicklungskonzept das auch Schutz u. Bewahrung sowie Pflege der umliegenden ortstypischen Grünräume berücksichtigt? Ist eine (auf längere Sicht) leergeräumte, zersiedelte Landschaft innerhalb der Hottergrenzen als Perspektive einer Nationalparkgemeinde würdig, damit wird doch die Lebensqualität für alle Menschen und vor allem auch künftige Generationen nachhaltig zerstört!

Das Wäldchen ´an der Pferdekoppel´ und damit ein einzigartiges altbaumbewachsenes Feuchtgebiet, existiert bis auf einzelne Reste nicht mehr. Dass diese Vorgehensweise hier ohne Diskussion und Information der Bewohnerinnen u. Bewohner möglich war, ist für mich nach wie vor unbegreiflich.

Von den Altbäumen die es nun noch im Ortsgebiet gibt, stehen einige entlang des Radweges (neben dem Bahndamm) – bei den unzähligen Rad-Touristinnen u. Touristen die an diesem in der (Fahrrad-) Region einzigartigen Grünraum vorbeifahren, kann man sicherlich auch von einer Visitenkarte des Ortes sprechen.

Ich möchte Sie daher im nächsten Gemeinderat ganz konkret um Information ersuchen ob die Gemeinde diesen Grünraum schützen u. bewahren wird. Ich für meinen Teil wünsche mir dringend eine professionelle Baumpflege-Firma anstatt weiterer Rodungs-Bagger im Ort zu sehen.

Bei aller Wertschätzung für bisher geleistete Arbeit im und für den Ort, aber: Bitte schützen u. bewahren Sie in Ihrer Funktion als Bürgermeister, Vize-Bürgermeister und Gemeideräte mehr als bisher die Naturräume im Orts- und Gemeindegebiet von Weiden/See für die derzeitigen und künftigen Einwohnerinnen und Einwohner.

Nachdem es gerade die Jüngsten waren, die bei der Gemeindeversammlung im Frühjahr die Frage nach den Bäumen zuerst gestellt haben, erlaube ich mir den beiliegenden Text an Sie alle mitzuschicken. Mich hat der Text angesichts der jüngsten Entwicklungen sehr nachdenklich gemacht.

Mit besten Grüßen
Mag. Peter Wolf
7121 Weiden/See

Ergeht weiters in Kopie an:

• Hr. Vize-Bürgermeister  Ing. Günter Flacker,
Feldgasse 43, 7121 Weiden/See

• Biologische Station Illmitz
zHd. Hr. Dr. Zechmeister, 7142 Illmitz

• Umweltanwaltschaft Burgenland
zHd. Hr. Prof. Frühstück,
Bgld.Landesregierung, Europaplatz 1, 7000 Eisenstadt

• Grüne und Unabhängige Weiden am See, per E-Mail

Die Kinder und der alte Baum

Aus: http://kindergeschichten.wordpress.com/2008/02/15/die-kinder-und-der-alte-baum/

Die Kinder und der alte Baum

Viele, viele Jahre stehe ich schon hier. Meine Wurzeln reichten tief in die Erde, und meine Krone ragt hoch in den Himmel.

Im Frühling, wenn mich die ersten Sonnenstrahlen treffen, wachsen meine Blätter. Leuchtend grün sind sie zuerst und zart. Meine Äste sprießen, und ich wiege mich sanft im leuchten Wind. Die Kinder tanzen um meinen dicken Stamm und singen Lieder.

Vögel bauen ihre Nester in meinem Geäst. Sie legen ihre Eier und brüten sie aus. So sind sie vor Regen und Kälte geschützt. Schon bald schlüpfen die jungen Vögel.

Die Kinder hören das laute Piepen und Zwitschern. Sie schauen gespannt nach oben und können kaum erwarten, dass die kleinen Vögel fliegen lernen.

Im Sommer wird es heiß. Die Sonne brennt vom Himmel, und die Erde trocknet aus. Die Kinder tollen über die Wiese und ruhen sich dann in meinem Schatten aus.

Die Kinder klettern hoch in meine Krone. Wenn es zu gefährlich wird, lasse ich meine Äste zur Warnung knarren.

Die Kinder haben in meinen Ästen ein Baumhaus gebaut. Mit dicken Seilen haben sie es festgebunden. Wie schön, dass sie mich dafür ausgesucht haben. Jetzt bleiben sie manchmal über Nacht bei mir.

Im Herbst lassen die Kinder ihre Drachen steigen. Der Wind jagt sie wild durch die Luft. Aber die Kinder passen auf, dass mir die Drachen nicht zu nahe kommen.

Meine Blätter leuchten jetzt in den schönsten Farben, gelb, rot und braun. Wenn die Herbststürme an mir zausen, muss ich sie alle fallen lassen. Die Kinder wühlen in dem Blätterhaufen. Sie suchen sich die schönsten Blätter aus und nehmen sie mit nach Hause.

Manchmal kommt auch ein weinendes Kind zu mir. Es kauert sich an meinen Stamm und erzählt mir, warum es so traurig ist. So erfahre ich die Sorgen der Kinder.

Es ist Winter geworden. Kahl stehe ich nun da. Im Nebel erscheine ich jetzt als schwarze Gestalt. Doch wenn er verzogen ist, zeigen sich die Misteln an meinen Ästen. Die Kinder nehmen sie mit. Und wenn ich in die Ferne schaue, sehe ich die Misteln an ihren Haustüren hängen.

Heute ist der erste Schnee gefallen. Die Kinder sind ganz aufgeregt. Bei der Schneeballschlacht muss ich als Deckung herhalten. Die Kinder haben riesigen Spaß dabei, und meiner dicken Rinde machen die Schneebälle nichts aus.

Unter meinen Zweigen bauen die Kinder einen Schneemann. Keck streckt er mir die rote Rübennase entgegen. Aber ich weiß genau: In den ersten Sonnenstrahlen des Frühlings wird sein Stolz dahinschmelzen.

Eines Tages kommt ein Mann zu mir. Als er mit der Hand über meine Rinde streicht, erkenne ich ihn wieder. Er ist als kleiner Junge oft bei mir gewesen. Da weiß ich, es ist eine lange Zeit vergangen.

Mathias Karl:

Die Kinder und der alte Baum.
Stuttgart, 1995, Thienemann


[1] Zusätzlich zur Rolle der Bäume im Ökosystem als Lebensraum u. Nahrungsquelle für unterschiedliche Tier- u. Vogelarten, als Schattenspender und ´Klimaanlage´ sei unter anderem auf folgende Tatsachen (die gerade für Baumbestand innerhalb eines Ortsgebietes für viele Menschen wesentlich sind) verwiesen:

  • Bäume helfen, die Luft zu reinigen und zu filtern.
  • Bäume verarbeiten das für Menschen giftige Kohlendioxid und verarbeiten es mit Hilfe von Sonnenlicht in den für den Menschen unverzichtbaren Sauerstoff.
  • Bäume spenden Schatten, schützen vor intensiver UV-Strahlung und erhöhen durch Verdunstung die Luftfeuchtigkeit.
  • Bäume prägen das Ortsbild und mindern damit auch die oft negativen Auswirkungen von Verbauung und Verkehr
  • Damit verbessern Bäume die Lebenssituation der Menschen und sind ein Teil des menschlichen Lebens. Sie verdienen Schutz und Pflege.
  • Die Bäume schützen uns, schützen wir die Bäume

(Quelle: www.baumpflege-lexikon.de)

Weiters: ´Allgemein produziert ein alter, gesunder Baum (Laubbaum) wohl 10-15 kg Sauerstoff täglich. Bei diesem Wert handelt es sich um die durchschnittliche Sauerstoff-Produktion im gesamten Jahr, also einschließlich der Zeit, in der die Laubbäume ohne Blätter dastehen.
Ein Mensch verbraucht etwa 0,5-2 kg Sauerstoff pro Tag. Ebenfalls ein grob geschätzter Mittelwert, denn das hängt von seinem Zustand, seiner Aktivität und etlichen weiteren Variablen ab.
Also kann ein ausgewachsener Baum ungefähr 10(-20) Menschen am Tag mit Sauerstoff versorgen´.

(Quelle: www.gartendatenbank.de / blog)

[2] zB. zit. aus Deutsche Arbeitsstelle für Baumstatik (AfB): ´Hierzu haben Bäume unglaubliche Anpassungen entwickelt. Sie nutzen die gleichen physikalischen Gesetze, denen sie unterworfen sind, zur Erhöhung ihrer Stabilität:
Ihre Kronen können Luftwiderstandsbeiwerte aufweisen, von denen Autobauer träumen und ihre Stämme und Äste gewinnen mit jedem Zentimeter Dickenzuwachs ein vielfaches an Stabilität. Der andauernde Dickenzuwachs und die Vermehrung tragender Holzzellen über das erforderliche Maß hinaus sind die Stabilitätsreserve des Baumes, die er sich für das Alter zulegt. Im Alter lassen die Abwehrkräfte des Baumes nach, er wird von Pilzen ausgehöhlt. Trotzdem ist er noch lange Zeit bruchsicher. Er zehrt von den Sicherheitsreserven, die er sich in der Jugend zugelegt hat. Sehr alte, oft als Naturdenkmal geschützte Bäume, sind häufig mit nur noch wenigen Zentimetern Restwanddicke bruchsicher´.

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Ihr Kommentar: